Textatelier
BLOG vom: 22.06.2014

Die rasanten globalen Veränderungen: Die Eile ohne Weile

Autor: Walter Hess, Publizist (Textatelier.com), Biberstein AG/CH
 
 
Ein Geschichtsstudium wäre überflüssig, wenn sich am Zeitenlauf nichts verändern würde. Doch begleiteten solche Veränderungen die Menschheit schon immer, gewissermassen waren und sind sie ein Teil der Evolution, des Verlaufs der Entwicklung, die alles und auch jedes Lebewesen betrifft. Solange sich das evolutionäre Geschehen dezentral, das heisst lokal beschränkt, abspielt, können selbst Fehlentwicklungen keine grösseren Zerstörungen anrichten. Sie werden sich innerhalb der naturgegebenen Naturvielfalt, die immer den Ausgleich, das Gleichgewicht, anstrebt, bald wieder überlagert und in korrigierende Prozesse eingebunden. Und vielleicht ist ihre Wirkung sogar positiver Natur.
 
Bei der Vergrösserung seines Machtpotenzials im technischen, vor allem auch im kriegstechnischen, und kommunikativen Bereich, ist es naheliegend, dass es immer Mächte geben wird, welche die Weltherrschaft anstrebten bzw. anstreben. Mit ihren vergleichsweise bescheidenen, handwerklichen Mitteln vergrösserten die Griechen, die Römer, die Christen, die Habsburger und Briten ihren Einflussbereich, um nur eine Auswahl zu nennen.
 
Das Ansinnen, eine Weltherrschaft aufzubauen, trat tatsächlich schon in der Antike zutage, etwa durch eine Verbindung des Römischen Reichs mit der christlichen Unterdrückungsherrschaft (Jesus Christus bezeichnete sich bereits als Weltherrscher, als alles beherrschender Christkönig). Politik und Religion, noch heute nicht genügend getrennt, gingen eine unheilvolle Liaison ein, potenzierten ihre Macht. Der Marxismus strebte die Weltherrschaft des Proletariats an; die Sozialistische Internationale, auch als Kampflied („Völker, hört die Signale, auf zum letzten Gefecht“) ist noch heute nicht verklungen. Auch die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler strebten die Weltvorherrschaft an.
 
Heute gelten die hoch verschuldeten USA als „Supermacht“; jedenfalls wird das so nachgeplappert. Sie haben nicht nur am meisten Schulden, sondern auch am meisten Atombomben sowie anderes Zerstörungsgerät (und am wenigsten Skrupel, solches einzusetzen), wirken auf vielen Kontinenten als Kriegstreiber. Die von Hollywood längst propagierte Lizenz zum Töten (James-Bond- und Wildwestfilme etc.) und zum Foltern ist eine staatliche Maxime, die auch aufs Privatleben überschwappt. Die Vereinigten Staaten kontrollieren die Finanz- und Kommunikationsströme, stülpen ihr „Recht“ allen Ländern über, und mit einer Willkürjustiz treiben sie ständig wachsende Milliardenbussen ein. Wer nicht mitmacht, wird mit den Mitteln von Sanktionen, der Aufwiegelung von ganzen Völkern usf. in den Ruin getrieben. Man höre die Signale!
 
Der sogenannte Arabische Frühling (ein Land nach dem anderen wurde destabilisiert, in Bürgerkriege verwickelt), diente dem US-Ziel, Regimes in Nordafrika und im Nahen auszuschalten und durch gefügige, hörige zu ersetzen. Die USA förderten die zerstörerischen Potenziale der Rebellen, freuten sich über die Trümmer – und erlitten Niederlagen in Serie, wie das die Regel ist. Amerika musste zusehen, wie Islamisten an die Macht kamen. Es verharrt in schwachsinnigen Strategien, die ein Debakel garantieren; man könnte sich darüber freuen, wären die Verluste an Menschen und Lebensräumen einschliesslich unersetzlicher kultureller Werte nicht so umfangreich; die ins Elend getriebenen Völker werden keine US-Freunde.
 
USA hin oder her – wenn das Machtgehabe von selbsternannten Weltherren globale Dimensionen annimmt, wirken sich die von Strategen ausgedachten Veränderungsschritte besonders verheerend aus. Dieses Geschehen fasst man unter dem modernen Begriff Globalisierung zusammen. Die Veränderungen sind keine organischen, im Sinne von natürlich gewachsenen Abläufe mehr, sondern es sind (selbst-)zerstörerische Eingriffe von ungeheuren Dimensionen. Die Folgen wurden der Menschheit dramatisch vor Augen geführt: Destabilisierungen, Bürgerkriege, zunehmender Terrorismus und wieder erwachendes Söldnerwesen, Zerstörung von Städten und Landschaften, Millionen von Flüchtlingen, die ihre Heimat um des Überlebens willen verlassen müssen, Arbeitslosigkeit, Anstieg der Kriminalität auch aus Gründen der sich ausbreitenden Arbeitslosigkeit, Spannungen zwischen den Staaten und in den einzelnen Ländern, Bürgerproteste, Aushebelung der noch übrig gebliebenen demokratischen Gepflogenheiten, Überwachungsstaatlichkeit (Beseitigung der Privatsphäre). Selbst Fussballtempel werden zu Schlachtfeldern. Die Gleichschaltung schwappt auch auf die industrielle Produktion über, welche den Lebensstil uniformiert und die gewachsenen Familien mithilfe der wie Antriebsmotoren ins Geschehen eingebetteten Medien, die jeden Gesinnungsmarsch verstärkend mitblasen, zum Alteisen entsorgen will. Die Leute werden der Verdummung entgegen getrieben und lassen sich, in einer geradezu barbarischen Naivität verharrend, manipulieren. Die kritischen Denker sind eine aussterbende Spezies.
 
Unter diesen Randbedingungen stellen sich ins Elend führende Veränderungen rasanter denn je ein. Die weltumspannenden Entwicklungen verliefen noch nie in diesem Überschalltempo wie seit einigen Jahren, und Hegemonialmacht USA, ausschliesslich auf Eigennutz kapriziert, wartet fast täglich mit neuen Verhaltensanweisungen, zwar nicht für sich selber, aber doch für die Untertanen, auf. Entsprechend dem dortigen Bildungszerfall sind sie glücklicherweise nicht ausgereift, und so geben sich die kalten und heissen Krieger von jenseits des Atlantiks zunehmend der Lächerlichkeit preis. Das Land, herangewachsen auf Indianermorden und Sklaverei, zehrt noch von einem unverdienten Nimbus, vor allem über ihren Kulturexport verbreitet, der in erster Linie geistig Minderbemittelte anspricht.
 
Veränderungen – ich wiederhole es – gab es schon immer. Aber in dieser Fülle stellten sie sich noch nie ein; kein Stein scheint mehr auf dem anderen zu bleiben. Die betroffenen Erdbewohner verstehen die Welt nicht mehr, und die Politik, wo sie nicht auf soliden Grundwerten wie Souveränität und Neutralität fusst oder diese nicht ernst genug nimmt, verliert die Kontrolle und offenbart den Dilettantismus von Amtsträgern, die dafür noch nie ausgebildet wurden. Sie verrennt sich in unterwürfige Anpassungen, verteilt auch an falschen Orten öffentliches Geld, Vergrössert die Schuldenwirtschaft. Die Politiker wollen sich damit die bevorstehende Wiederwahl erkaufen, ein wichtiges Motiv für den übertriebenen, leistungsbehindernden Sozialstaat.
 
Kein Zweifel: Morgen wird schon alles wieder anders sein ... unter dem Globalisierungsdeckel wohl schlimmer als bisher. Junge Menschen wagen kaum noch, Nachwuchs in diese aus den Fugen geratene Welt zu stellen, in welcher der möglichst schnelle Gewinn das Mass aller Dinge ist, selbst bei der Kranken-Vermarktung. In neoliberaler Manier werden auch öffentliche Güter wie Wasser, aber auch Dienstleitungen (Bahnen, Strassen) privatisiert und zu einem Fressen für Investoren.
 
Einst stellten sich Veränderungen langsam ein. Heute werden sie gewaltsam und abrupt herbeigeführt. Die Menschheitsleader geben den Ton an. Solange ihnen Zustimmung blökende Lämmer folgen, haben sie keinen Grund, ihr anmassendes Verhalten zu ändern.
 
Der letzte Trost: Bisher gab es noch kein Weltreich, das auf Dauer Bestand hatte; selbst das Christentum ist im Zerfall begriffen; der Islam kann sich nur noch wegen grausamer Strafmassnahmen halten, wird als Bedrohung empfunden.
 
In all diesen Fällen, wo Herrschaftsbereiche abdanken müssen, darf man die Veränderungen lobpreisen.
 
 
Globalisierung
 
Buchhinweis
Hess, Walter, und Rausser, Fernand: „Kontrapunkte zur Einheitswelt. Wie man sich vor der Globalisierung retten kann“. Verlag Textalelier.com Gmbh, CH-5023 Biberstein.2005. ISBN 3-9523015-0-7.
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